Bildungsgang

Der Film „Bildungsgang“ des jungen Regisseurs Simon Marian Hoffmann setzt sich für eine Demokratisierung der Schule und der Bildungsstrukturen ein.

Er lässt (ehemalige) Schüler zu Wort kommen, die ihre individuelle Situation im Schulunterricht kritisch beschreiben. Zudem stellt er teilweise Konzepte vor, die in Zusammenarbeit mit dem Verein „Demokratische Stimme der Jugend e.V.“ (zu deren Gründern er zählt) erstellt wurden.

Stichwort Weiterentwicklung des Bildungssystems: „Das Wissen kann nur beim Schüler entstehen. Um wen geht es denn in der Schule? Geht es  um eine Beschäftigungstherapie für die Lehrer, oder geht es um die Schüler? […] Ist Schule ein Auffangbecken von ganz verschiedenen, abstrusen Bedürfnissen von Erwachsenen oder geht es darum, Menschen zu befähigen an ihr Potential zu kommen?“

 

Es handelt sich nicht um eine Dokumentation im klassischen Sinne, sondern es fließen zum großen Teil Performance-Elemente (Kunstaktionen) mit ein. Zudem fehlt bei den Wortmeldungen einiger Protagonisten der Kontext (etwa als Untertitel), was im ersten Moment Schwierigkeiten bei der Einordnung bereitet.

Der Regisseur mag beeindruckende Kamerabilder (mit  offener Blende), die neben der Musik die Stimmung des Films unterstreichen. Es ist ein Film, der zum Aufbruch und Mitmachen einlädt, und auch bisherige Aktionen (z.B. in der Stuttgarter Innenstadt) dokumentiert.

Ein leicht umgestelltes Zitat: „Unsere konkrete Botschaft ist, dass wir ein zeitgemäßes Schulsystem fordern, dass die Bildung freigegeben wird und nicht mehr so zentralistisch gehandhabt wird. Das die Schulen auch die Freiheit bekommen, ihre eigenen Programme zu schaffen.

Nicht einfach die Noten (oder die Schule) abschaffen, das ist nicht unser Hauptziel.“

 

Recht verstörend ist der in der Doku gebrachte Hinweis auf das Schulgesetzt  für Baden-Württemberg:

„Das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.“

Ob, und wie genau, dieses Gesetz noch Anwendung findet, bleibt offen, jedoch ist seine pure Existenz schon schockierend genug.

 

Die Doku ist streckenweise  etwas langatmig, aber das kann auch als Teil der Idee verstanden werden, im Schwerpunkt kein „wissenschaftliches“ Konzept vorzustellen, sondern individuelle Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Und genau das könnte auch als  die Botschaft des Films an die Zuschauer interpretiert werden.

Teflon-imprägnierte Mitarbeiter gewisser  Institutionen, wie z.B. vom Kultusministerium Baden-Württemberg (unter der Leitung von Susanne Eisenmann (* 1964, CDU)), sind diesen Impulsen (Kritik) gegenüber vollkommen „abgedichtet“. Überspitzt könnte deren Motto als „bloß nicht hinhören“ beschrieben werden.

 

Es ist allerdings ein Manko, bei einer Dokumentation über das „Schulwesen“ (siehe Titel des Films), nicht auch Lehrern eine Chance zu bieten, sich zu äußern!

 

Ein sehr engagierter und empfehlenswerter Film über das heutige Bildungssystem. Webseite: www.bildungsgang-film.de

 

Anmerkung: „Bildungsgang“ (früher: Bildungsweg) ist keine neue Wortschöpfung der Produzenten des Films. Der Begriff bezieht sich auf den Verlauf der Ausbildung für einen  „Schüler“, der dann durch  einen bestimmten Abschluss gekrönt wird. Der Begriff findet sich heutzutage auch regelmäßig in offiziellen, und rechtsverbindlichen,  Beschlüssen der Kultusministerkonferenz und didaktischen Empfehlungen ähnlicher Organe.

 

Wie aus „Weg“ (Wanderweg, Königsweg, etc.) dann „Gang“ (etwas in Gang bringen, Gängelung, etc.) wurde, wissen nur die „seelenlosen Lakaien der Orthodoxie“ (Zitat aus der Star Trek Serie  DS9). SCNR.


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